Dieses Thema beschäftigt immer mehr Leser, daher hier einige Fakten:
Grundsätzlich definiert sich der Staatsbankrott dadurch, dass ein Staat einen Teil seiner Zinsverpflichtungen oder vereinbarten Schuldenrückzahlung nicht erfüllen kann. Unabhängig wie klein dieser Teil ist.
Kann ein Bundesland wie Schleswig-Holstein pleite gehen?
Ja und Nein! Es könnte theoretisch die Situation eintreten, dass ein Bundesland keine Kredite mehr bekommt. Niemand will noch dessen Anleihen kaufen. Dieses Bundesland könnte seinen Verpflichtungen (Beamtengehälter, Baurechnungen, Heizkosten, Zinszahlungen etc.) nicht mehr nachkommen. De facto wäre das Bundesland jetzt pleite.
ABER: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Bund und die Länder füreinander einstehen müssen. Das bedeutet, die anderen Bundesländer und der Staat als Ganzes muss diesem Bundesland finanziell beispringen. Eine „echte“ Pleite nur eines Bundeslandes ist also nicht möglich.
Kann die Bundesrepublik pleite gehen?
Ja! Wenn die Verschuldung zu groß wäre und die internationalen Investoren die Zahlungsunfähigkeit der Bundesrepublik befürchten würden, könnte der Fall eintreten, dass niemand mehr Staatsanleihen der Bundesrepublik kaufen würde. Dem Staat würde das Geld auf dem Konto ausgehen und er könnte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Die Bundesrepublik wäre bankrott.
Ist das wahrscheinlich?
Es gibt ein „Messlatte“, anhand derer man diese Wahrscheinlichkeit ablesen kann. Die sogenannten CDS (Credit Default Swaps) sind vereinfacht ausgedrückt Versicherungen für den Fall eines Kreditausfalls. Man kann sich also gegen die Pleite eines Staates versichern. Wenn ich eine Staatsanleihe in Höhe von einer Million Euro gekauft habe, kann ich eine Versicherung bei einer Bank (nicht lachen! Es geht hier nur um die Theorie ;-) ) abschließen, die mir im Falle einer Staatspleite diese Million Euro erstattet. Je höher die Finanzmärkte die Wahrscheinlichkeit einer Staatspleite in den nächsten 10 Jahren abschätzen, umso teurer ist natürlich diese Versicherung.
Man kann also an diesen Versicherungsprämien ablesen, für wie wahrscheinlich ein Staatsbankrott der Bundesrepublik oder Griechenland ist.
Diese Messlatte steht per 20.2.09 für Deutschland und die USA bei etwa 17%. Das heißt, der Markt geht von einer 17 prozentigen Wahrscheinlichkeit aus, dass die Bundesrepublik in den nächsten 10 Jahren den Staatsbankrott erklärt.
Bei Ukraine, Pakistan und Argentinien geht man von 100% aus, bei Griechenland und Österreich immerhin von 40%. Das ist deutlich!
Was passiert, wenn beispielsweise Griechenland pleite geht?
Nehmen wir an, Griechenland würde keine neuen Anleihen mehr verkaufen können, weil die Investoren das Vertrauen verlieren. Diese Möglichkeit ist zur Zeit sehr hoch. Gemäß dem Vertrag von Maastricht DARF die Europäische Zentralbank (EZB) den Griechen keine Anleihen abkaufen um zu helfen. Das FED in Amerika darf der US-Regierung jederzeit Anleihen abkaufen und hat das auch schon angekündigt. Dabei wird einfach vom FED neues Geld gedruckt und damit dem Staat die Anleihe abgekauft. Also Inflation. Die EZB darf das nicht.
Die sinnvollste Möglichkeit – und ich bin mir sicher, dass das kommen wird – ist eine Gemeinschaftsanleihe. Alle EU-Länder geben gemeinsam eine Anleihe heraus. Damit tritt auch Deutschland für die Verbindlichkeiten ein. Das verteuert unter Umständen (hier streiten die Fachleute noch, wie es sich auswirkt) die Finanzierung für Deutschland, aber die Finanzierung der schwachen EU-Länder wäre erst einmal gerettet. Gut, vermutlich würden diese dann noch weniger Haushaltsdisziplin üben und noch mehr Geld rausschmeißen um Ihre heimische Industrie zu stützen (was unserer wiederum schadet). Aber die EU als Ganzes und auch der Euro würden damit sicherer werden. Daher wird das auch genau so kommen.
Wenn dann aber mehre EU-Staaten - darunter vielleicht ein Schwergewicht - in Schwierigkeiten kommen, dann platzt der Euro definitiv und die Währungsreform kommt. Dieses Risiko muss man im Auge behalten. Zum Thema Währungsreform demnächst ein eigener Beitrag.
Kommentare
mich würde interessieren, unter welchen Umständen es klug wäre, für den Fall einer Inflation und/oder Hyperinflation des EURO Tagesgeld in Schweizer Franken zu parken. Wäre dies eine weitere Option zu den von Ihnen empfohlenen Edelmetallen und Aktien?
Guten Tag Herr Müller, auch ich würde mich interessieren, ob ein Parken des Festgeldes in Schweizer Franken sinnvoll wäre.
Angenommen, die US-Staatsanleihen würden "abverkauft" (was einen Währungszusammenbruch bewirken würde), wohin soll dieses Geld denn "flüchten"?Man kann ja nur aus einer Währung raus, indem man in eine andere Währung wechselt, womit man diese Währung kauft, was diese verteuert, was die zugehörige Exportwirtschaft schädigt, was zur Flucht aus dieser Währung führt, weil deren Wirtschaft ja geschädigt ist...
Somit kann das Geld letztendlich nur zwischen anderen Währungen hin und her umgeschichtet werden und je kleiner das Ziel-Währungsgebiet ist, desto schneller zieht dessen Außenwert dann an.
Das im US-Dollar gespeicherte Geld kann nun einmal nicht in die Norwegische Krone oder den australischen Dollar "flüchten", weil die zugehörigen Währungsgebiete zu klein für das Volumen sind.
Lediglich das Eurogebiet kann einen Teil der Dollarvermögen aufnehmen, jedoch wertet dann natürlich der Euro gegenüber dem US-Dollar auf, was die Exporte aus Euroland schädigt.
Kurzum: Sowohl US-Dollar und Euro sind stark geschädigt und "normalerweise" sollte das Geld aus diesen Währungen flüchten, (man denke in Bezug auf den Euro an die PIGS-Staaten, d.h. Portugal, Italien, Griechenland und Spanien), aber weil das Geld nicht "weg" kann (es sind ja 80% des Weltvermögens) und generell in Rezessionen in die Anleihen höchster Bonität flüchtet, stabilisieren sich diese Effekte gegenseitig.
Zitat: flugor (spon)
Ferner würden insbesondere stark anziehende Industrierohstoffe/Nahrungsmittel der Wirtschaft Kaufkraft entziehen, was stark rezessiv wirkt und die Unternehmen infolge dessen auch keine höheren Löhne zahlen könnten, d.h. ein solcher "Fluchtversuch" erstickt letztendlich an sich selbst.
Die aktuellen Rohölpreise wirken beispielsweise bereits wieder rezessiv auf die US-Wirtschaft, da diese infolge ihrer Infrastruktur lange Autofahrstrecken (und damit billiges Öl) bedingt.
Zum Thema Gold?
200 Tonnen Gold sind 200 000 kg Gold oder rund 7050000 oz Gold zu je 1150 USD, d.h. aktuell 8,1 Mrd. USD.
Man kann daraus jetzt natürlich irrsinnig hohe Goldpreise "errechnen", indem man z.B. die Dollargeldmenge (69 Billionen USD) oder die FED-Bilanz in Gold umrechnet, aber hohe Goldpreise locken nun einmal auch Verkäufer an...
Klar, eine Blase kann sehr weit laufen (siehe NEMAX), aber generell ist die "Goldwährung" viel zu klein für das schiere Geldvermögen.
Zum Thema Staatsschulden: Wenn man Staatsschulden abbauen wollte, müsste sich entweder irgendwer dafür verschulden, oder es müssten die korrespondierenden Vermögen sinken (welche primär Altersvorsorgen sind).
Wenn man keine Neuverschuldung will, darf es umgekehrt auch kein Sparen geben, denn dies ist die Gegenposition. Die Sparquote in DE liegt (laut Spiegel) bei 11,2%.
Sparquote, Verschuldung und BIP-Entwicklung bilden zusammen mit dem Außenhandel eine Einheit. Verändert sich einer dieser Parameter, muss sich mindestens ein anderer Parameter ändern.
D.h.: Sparen die Deutschen wie die Wilden und sinken die Exportüberschüsse, muss irgendwer kompensierend mehr Schulden machen oder das BIP sinkt.
Somit lautet die Frage zu den Staatsschulden eher, ob die zugehörigen Anleihen auch zurück gezahlt werden. Japan hat eine sehr viel höhere Staatsverschuldung und auch diese Anleihen werden bedient...
Zum Thema "Argentinisierung der USA": Was Argentiniens Brasilien war, ist für die USA China. Ein "ausländischer billiger Produktionsstandort"...
Aber im Gegensatz zu Argentiniens Peso ist der Dollar nicht an eine "stärkere Währung" gekoppelt, denn der Dollar "hält" nun einmal 55% des "Gewichts". Koppelungen gibt es nur gegenüber schwächeren Währungen wie z.B. dem Renminbi. Eine "Entkopplung" dieser beiden Währungen würde sicherlich den Dollar abwerten, aber den Renminbi umso stärker aufwerten, was gar nicht im Interesse Chinas läge. Ich tippe diesbezüglich eher auf ein allmähliches "Auslaufen" dieser Bindungen, was deutliche Argumente gegen ein Währungscrashrisiko bezüglich des USD liefert.
Zitat: flugor (spon)
halten Sie es technisch für möglich, daß z.B. die EZB oder die BRD über dritte gegen die € Spekulationen an den Märkten wirkungsvoll aggieren könnte. Im Klartext mit zig Milliarden gegen die "bösen Zocker" zocken, um ihnen so die Suppe zu versalzen. Da ja kein Eustaat in die Pleite entlasssen werden soll, müßte hier ja auch ein enormer Profit abfallen.